THE CYBERGROUP MAGAZINE | ISSUE 02 // 2022

ÜBER DEN WOLKEN SOLL DIE FREIHEIT JA BEKANNTLICH GRENZENLOS SEIN. WIR HATTEN DIE EINMALIGE CHANCE, EIN PILOT:INNEN EHEPAAR, SPRICH EINE BERUFSPILOTIN UND EINEN BERUFSPILOTEN ÜBER DEN WOLKEN ZU INTERVIEWEN. WAS BEWEGT EINEN, PILOT:IN ZU WERDEN, WAS MACHT DEN REIZ AUS UND WIE VEREINBART SICH DER BERUF DES/DER PILOT:IN MIT DER FAMILIE? VIELEN DANK SONJA UND MICHAEL (MICHI), DASS IHR UNS AUF DIE REISE MITGENOMMEN HABT UND UNS DIESE TOLLEN INSIGHTS GELIEFERT HABT. Wie lange seid Ihr schon Pilot:in und welche Flugzeugmuster seid Ihr geflogen? Sonja: Ich fliege, mit Unterbrechung von zwei Schwangerschaften, 13 Jahre lang. Angefangen habe ich auf dem Bombadier CRJ 200-900. Dann bin ich 11 Jahre lang Airbus A319, A320 und A321 (Airbus A320 Family) geflogen und dann habe ich auf den Airbus 380 umgeschult. Michi: Wie meine Frau habe ich auf dem Canadair Regional Jet (CRJ) angefangen zu fliegen, bin dann etwa 15 Jahre auf der Airbus A320 Familie geflogen und starte nun im Herbst auf das Airbus Langstreckenmuster A330/A340 meine Umschulung. Warum und wie wird man Pilot:in? Sonja: Man braucht die Hingabe zur Fliegerei und etwas Spaß an der Technik. Nach ungefähr einem Jahr Theorieunterricht in Fächern wie z.B. Navigation, Luftrecht, Elektrik, Flugzeugkunde und Meteorologie und ungefähr 9 Monaten praktischer Ausbildung auf Kleinflugzeugen darf man die typenspezifische Ausbildung auf ein Linienflugzeug absolvieren. Das Mindestalter, um als Copilot (First Officer) auf dem rechten Sitz im Cockpit eines Verkehrsflugzeuges Platz zu nehmen, beträgt 21 Jahre. Am Anfang wurde ich gefragt, wann ich denn selbst fliegen darf, da ich ja nur Copilotin bin. Da muss man zunächst einmal mit einem Irrtum aufräumen. Piloten sind beide im Cockpit. Es wird unterschieden zwischen dem Kapitän (auch Kommandant genannt) und dem Ersten Offizier. Beide steuern abwechselnd das Flugzeug. Der Kapitän hat allerdings die Gesamtverantwortung. Als Beispiel nehme ich mal einen Flug von Frankfurt nach Lissabon und zurück. Nachdem ich meinen Kapitän beim Briefing des Fluges getroffen habe, schauen wir uns die Flugunterlagen (u.a. Wetter, Zustand des Flugzeuges, lokale Restriktionen) an und entscheiden daraufhin, wieviel Kerosin wir tanken wollen. Nachdem dann noch ein Briefing mit der Kabinenbesatzung stattgefunden hat, fahren wir zum Flugzeug, um dort alles Weitere vorzubereiten. Im Flug spricht man dann nicht mehr von Kapitäns- und Copiloten Aufgaben, sondern die Arbeitsaufgaben werden in Pilot Flying (z.B. das Steuern des Flugzeuges) und Pilot Monitoring (z.B. der Funkkontakt zur Flugsicherung) unterINTERVIEW MIT SONJA & MICHAEL . CYBER FRIENDS ÜBER DEN WOLKEN - INTERVIEW MIT SONJA & MICHAEL THE CYBERGROUP MAGAZINE ISSUE 01 22 118 119 teilt. Auf dem Rückweg von Lissabon werden dann die Rollen getauscht. So wird u.a. auch sichergestellt, dass beide Piloten alle Aufgaben stetig ausführen können. Wie lange dauert die Ausbildung? Michi: Insgesamt dauert die Ausbildung ungefähr 30 Monate. Das ist die Zeit, bis man den „Führerschein“ hat. In Wirklichkeit lernt man aber bis zu seinem letzten Flug vor der Rente dazu. Man kann es mit lebenslangem Lernen vergleichen. Wir verbringen jedes Jahr ungefähr vier Tage im Simulator, um Notfälle (Abnormals) zu trainieren. Weiterhin wird vor jedem Flug unser „Betriebshandbuch“ aktualisiert. Man könnte denken nach fast 120 Jahren der Luftfahrt ändert sich nicht mehr so viel – nein, dem ist nicht so. Unsere Verfahren werden ständig aktualisiert, um die größtmögliche Sicherheit zu erlangen. Gerade im Bereich des Umgangs mit Fehlern ist die Luft- und Raumfahrt Industrie führend. Was macht den Reiz am Piloten:in sein aus? Was macht am meisten Spaß? Sonja: Der Reiz immer neue Begebenheiten vorzufinden, kein Flug ist wie der andere. Wir arbeiten in einem hoch dynamischen Umfeld. Die vielen standardisierten Verfahren helfen uns, mit immer neuen Kollegen ab der ersten Minute professionell zusammen arbeiten zu können. Als Crew arbeitet man dann zwischen ein und fünf Tage zusammen. Wir lernen also sehr viele verschiedene Kollegen kennen und verbringen mit diesen nicht nur den Arbeitstag, sondern auch die Layover vor Ort. Die Welt wird für uns kleiner, da wir so viele verschiedene Ziele haben und etwa 16 Tage im Monat in verschiedenen Städten schlafen und diese, wenn auch nur begrenzt, erkunden. Catch me if you can – Was ist davon übrig? Sonja: Es ist immer noch ein Job, der in der Gesellschaft Ansehen genießt. Schaut man aber genauer hin, so sieht man schnell, dass es nicht um Glamour und Cocktails am Pool geht, sondern ein verantwortungsvoller Job dahintersteckt. Oft hetzt man einem sehr eng geplanten Flugplan hinterher mit bis zu 5 Flügen an einem Tag. Wetterlagen wie z.B. Gewitter, Herbststürme oder starker Schneefall machen einen Anflug zu einer anspruchsvollen Aufgabe, bei der viel Konzentration und Reaktionsvermögen gefragt ist. Physiologisch sind vor allem die Flüge durch die Nacht, die Zeitverschiebungen und die wechselnden Klimazonen herausfordernd. Und ganz wichtig, es ist kein regelmäßiger Job. Jeder Monatsplan ist neu und anders. Da Passagiere auch gerne an Feiertagen fliegen, gibt es eben solche nicht bei uns. Natürlich freuen wir uns, wenn wir ein schönes Hotel an einer schönen Destination haben und so auch in unserer Freizeit die fremden Kulturen erkunden können. Wie viele Schalter und Köpfe gibt es im Cockpit? Michi: Es gibt in einem A320 Cockpit ungefähr 600 Schalter, Hebel, Knöpfe und etwa 400 elektrische Sicherungen. Diese sind meistens nach ihrer Funktion systematisch angelegt und auch beschriftet. Jeder Schalter ist bekannt und man sollte

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